Von David Thiele
Prolog:
Wie ich auch in meinem aktuellen Webinar skizziere, steht die Menschheit vor einem Scheideweg. (www.thieleberatung.de/webinare)
In der Geschichte der Menschheit war vieles schwer und nur weniges ging ohne Kampf oder Mühen. So entwickelte sich die menschliche streben nach Vereinfachung, nach Erleichterung und nach mehr Ruhepausen. Jedoch mit den Vereinfachungen kamen auch die Komplexitäten des Lebens. Alles wurde zwar leichter, aber auch komplizierter, weniger leicht zu verstehen und zu beherrschen. Die Digitalisierung ist eine weitere solche Entwicklung, auf die wir stolz sind. Mal Hand aufs Herz haben wir wirklich Grund dazu? Mit der Digitalisierung kommt auch die künstliche Intelligenz (KI). Diese KI nimmt uns das Denken ab. Sie soll uns dabei helfen, dass Leben schneller, einfacher und besser zu bewältigen, damit wir uns auf die wirklich wichtigen Inhalte eben dieses Lebens konzentrieren können. Und noch einmal Hand aufs Herz: Machen wir das auch? Haben wir mehr Zeit, mehr Ruhe und nutzen wir ggf. die entstehende Zeit sinnvoll? Die Antwort ist oft: Nein! Wir geben zwar Verantwortung, Denken und eigene Mühe auf, füllen diese Leere aber nicht mit sinnvollen und uns weiterentwickelnden Inhalten. Hier liegt die Gefahr für uns und auch die digitale Entwicklung. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht durch die Digitalisierung verblöden!
Digitalisierung aber jetzt!
Nun endlich ist sie überschritten, die Schwelle ins 21. Jahrhundert. Zwar gute 20 Jahr später als von dem einen oder anderen erwartet, aber immerhin, sie wurde überschritten.
Jetzt, hier und heute sind drei Schritte notwendig:
1. Ethische Grundlagen für die Digitalisierung schaffen.
2. Die gesetzlichen Grundlagen verifizieren.
3. konsequente und vollständige Umsetzung aller Möglichkeiten.
Für die meisten sind Gesetzestexte schwierig zu lesen und/oder es fehlt schlicht die Zeit.
Was konkret bedeutet das DVPMG in der Konsequenz für uns alle?
Fakt 1:
Das Gesetz liegt vor. Das heißt, die Phase der Entwicklung des Gesetztes liegt hinter uns. Jetzt kommt die konsequente Umsetzung des Gesetztes.
Fakt 2:
Die Digitalisierungsförderung des Bundes ist verlängert und bietet allen Pflegeeinrichtungen die Chance, Ihre digitale Infrastruktur zu implementieren. Sie wissen schon bis zu 12.000€ (das sind 40 % Förderhöhe)
Fakt 3:
Versicherte und Leistungserbringer erhalten ab 2023 digitale Identitäten, um sich zum Beispiel für eine Videosprechstunde sicher zu authentifizieren. Das bedeutet, die digitale Leistungserfassung und Abrechnung, aber auch die Rezeptierung von Medikamenten und Verordnungen von Leistungen ist dann überhaupt erst sinnvoll und digital möglich! Die Testläufe dazu sind erfolgt und abgeschlossen.
Fakt 4:
Der elektronische Medikationsplan wird innerhalb der Telematikinfrastruktur in eine eigene Anwendung überführt, das erleichtert in Zukunft die interdisziplinäre Kooperation. Keine Reibungsverluste mehr bei der Übertragung der Daten. Direktzugriff und im optimalen Fall eine Schnittstelle zu Ihrer Pflegesoftware.
Fakt 5:
Für den Bereich der häuslichen Krankenpflege, außerklinischen Intensivpflege, der Soziotherapie, der Heil- und Hilfsmittel der Betäubungsmittel und weiterer verschreibungspflichtiger Arzneimittel werden elektronische Verordnungen eingeführt. Wichtig hier ist, dass diese dann auch vollständig erfasst und abgerechnet werden können. Die Erfassung ist, wie die meisten wissen, bis heute ein echtes Problem. Nicht wenige KK wollen einen handschriftlichen Nachweis. Gott sei Dank nicht mehr in Form von Steintafeln, aber immer hin noch immer auf Papier.
Fakt 6:
Telematikinfrastruktur verpflichtet einzuführen. Das wird uns alle wahrscheinlich ebenfalls bis 2023 ereilen. Da die Kosten vom Bund vollständig übernommen werden sollen, ist das nur halb so schlimm und nicht die ganz Wahrheit. Es wird Kosten geben, auf denen Sie definitiv sitzen bleiben werden, wenn der Gesetzgeber an dieser Stelle nicht noch einmal nachbessert.
Die Prozesse sind der Engpass. Sie müssen sauber dargestellt und umgesetzt werden. Die Zeit dafür zu haben ist eine Herausforderung, die es zu planen gilt.
Fakt 7:
Wie oben beschrieben werden Rezepte einfach digital von Apotheken sogar europaweit abzurufen sein.
Fakt 8:
Die digitale Vernetzung wird realisiert. Das alle Beteiligten barrierefrei auf die gleichen Daten zugreifen, diese nutzen und weiter vervollständigen, ist für den Patienten aber auch alle Dienstleister ein großer Vorteil, ja eine längst überfällige Erleichterung. Was desillusioniert viele Pflegekräfte und Pflegedienstbetreiber? Das weniger und weniger Zeit dafür bleibt sich um die Kernaufgaben zu kümmern, die Patienten, Klienten, Bewohner, kurz die Leistungsempfänger. Hier liegt ein Teil der Lösung.
Chinesische Sitten:
Alle diese Punkte sind nur dann gut und richtig, wenn der Verbleib und die Verwendung der Daten klaren und eindeutigen Regelungen unterworfen sind. Diese Regelungen sind fix und bindend, so wie es auch das Grundgesetz sein sollte. Chinesische Entwicklungen sind dabei kein guter Ratgeber. Hier muss nicht nur Vertrauen geschaffen werden, sondern absolute Klarheit!
Ethik und gesellschaftliche Alternativen
Nicht zum ersten Mal weise ich darauf hin, dass der ethische Ansatz bei jedem Digitalisierungsprozess von absoluter Wichtigkeit ist. Wichtig deshalb, weil stets Menschen involviert sind. Menschen haben Angst, Sorgen, Nöte und brauchen vor allem Sicherheit. Der gesamte Digitalisierungsprozess hat bis heute keine Antworten auf diese Ängste, Sorgen und Nöte gegeben. Er beschreibt bis heute eine schöne neue Welt, in der überwiegend von Vorteilen gesprochen wird. Wovon in der Gesellschaft keiner redet, ist, dass der Faktor Mensch aus der Digitalisierungsgleichung fast vollständig heraus gekürzt worden ist. Das ist an sich nicht verkehrt. Verkehrt ist, dass es keine gesellschaftlichen Alternativen für die frei werdenden Ressourcen gibt. Was passiert damit? In der Pflege besteht die Hoffnung, dass die Digitalisierung zu „Mehr Zeit für Pflege“ führt.
In der Industrie ist das nicht der Fall. In Behörden, Verwaltungen und Organisationen ebenfalls nicht.
Fazit:
Das Digitale–Versorgung–und–Pflege–Modernisierungs–Gesetz (DVPMG) ist gut und richtig. Es ist auch nur eines von mehreren Gesetzesvorhaben, die für uns alle in Zukunft festlegen, wie wir leben wollen und leben werden. Ob wir absolut gläsern sind und vor allem, ob wir am Ende die Konsequenzen unseres Handelens nicht nur vor Gott, unserem Körper und unserer Familie rechtfertigen müssen, sondern auch noch vor dem Staat, damit vor den Kostenträgern. Wenn daraus dann tatsächlich Konsequenzen drohen, dann ist der Weg nicht der richtige, zumindest nicht aus meiner Sicht.
Nachbesserungsbedarf gibt es nach wie vor in der klaren Aussage, wie die frei werdenden Ressourcen eingesetzt werden sollten und am Ende dürfen.
Ihr David Thiele
Geschäftsführer der ThieleBeratung/ViVa Pflege GmbH
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