Oder: Wie wir aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen können.
Die Community Health Nurse (deutsch: Gemeindeschwester) ist wie die roten Blutkörperchen in unserem Blut, der Teil der Gesellschaft, der die notwendigen Leistungen an die Stelle transportiert, wo sie gebraucht werden.
Auch hier schleichen wieder eine Vielzahl von Worten, Konzepten, Ideen und Ansätzen durch das Land. So viele, dass es schon wieder so beginnt, wie vieles aufgehört hat, mit Komplexität und Regulierungswahnsinn.
Gemeindeschwester, Schwester Agnes, Community Health Nurse. Wir sollten aufpassen, dass wir nicht wieder dazu verkommen, alles zu zerreden und dadurch nichts auf die Straße zu bekommen. Nicht jedes Projekt darf 6,8 oder 10 Jahre benötigen, bis es serienreif ist. Ein bestes Beispiel dafür ist das Stambulant-Modell. Nach 8 Jahren hat es jetzt endlich eine regional-dauerhafte Lebensberechtigung bekommen. Es darf jetzt in Baden-Württemberg eingesetzt werden. Ab hier können wir nur hoffen, dass es für den Rest von Deutschland noch in meinem Leben kommt.
Die Spinne im Netz
Im Vorfeld dieser drei Artikel habe ich mehrere Interview mit ehemaligen Gemeindeschwestern aus den längst vergangenen DDR-Zeiten geführt.
Ich wollte wissen:
- Wie die Arbeit organisiert war?
- Was für Kompetenzen die Gemeindeschestern hatten?
- Wie sie sich selber organisiert hatten?
Die Antworten waren erstaunlich und für mich bahnbrechend.
Zunächst war klar,
- Jede der Gemeindeschwestern hat dies aus Überzeugung getan.
- Sie waren kommunikations- und netzwerkstark.
- Gemeindeschwestern waren widerstandsfähig,
- Gemeindeschwestern waren wetterunabhängig und
- in sehr hohem Maße verantwortungsbewusst und vor allem „selbstverantwortlich“ arbeitenden und denkend.
- Krankausfälle bei Gemeindeschwestern gab es so gut wie nie. Schwangerschaft und der Tot waren zwei legitime Gründe für einen Ausfall einer Gemeindeschwester.
Die Organisation lief, bis auf Ausnahmen, stets über eine Poliklinik. Der direkte Vorgesetzt war ein Arzt. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit lief überwiegend über eben diese Poliklinik. Heute nennen wir diese Zentren eher Medizinische Versorgungszentren (MZV). Am Ende ist das nahezu die gleiche Konzeptidee wie in der DDR vor mehr als 70 Jahren.
Die Kompetenzen einer Gemeindeschwester waren überwiegend von ihr selber abhängig. So viel wie sie konnte, wollte und im Vertrauen dann auch durfte, hat sie auch gemacht. Blutabnehmen, Injektionen und Entscheidungen hat sie nicht selten fast allein getroffen. Ja Medikamente wurden von ihr selber gegeben, reduziert, erhöht, kurz den Bedürfnissen vor Ort beim Patienten direkt angepasst. Und nein, liebe Überregulierer, die Leichen hingen nicht über jeden Zaun.
Fakt ist: Krankenpflegekräfte sind durchaus in der Lage, Entscheidungen zu treffen und zu verantworten. (Gesundheits-und Krankenpfleger).
SOT – Selbstorganisierte Teams
Die unmittelbare Arbeit der Gemeindeschwester wurde von ihr selbst organisiert. Fest waren nur die Visiten mit dem Hausarzt vor Ort und die Sprechstundentermine in der Praxis, meist in der Poliklinik. Der Rest lag voll und ganz in der Verantwortung der Gemeindeschwester selbst. Sie hat entschieden, wann, wie oft sie welche Patienten anfährt. Wo sie wie viel Hilfe organisiert, wen sie dafür anspricht und was sie selber machen muss.
Die Community Health Nurse: Schlüsselfigur im Gesundheitssystem der Zukunft
In einer Zeit, in der gesundheitliche Ungleichheiten, chronische Erkrankungen und eine alternde Bevölkerung zunehmend komplexe Herausforderungen darstellen, rücken innovative Ansätze im Gesundheitswesen immer stärker in den Fokus. Eine Schlüsselrolle übernimmt dabei die Community Health Nurse (CHN). Diese spezialisierte Pflegekraft agiert als Bindeglied zwischen medizinischer Versorgung, präventiver Gesundheitsförderung und sozialer Unterstützung – eine Funktion, die im deutschen Gesundheitssystem noch viel Potenzial birgt.
Aufgaben und Rollen der Community Health Nurse
Die Community Health Nurse hat ein breites Aufgabenfeld, das weit über die klassische Krankenpflege hinausgeht. Ihre Arbeit ist auf die Bedürfnisse von Individuen, Familien und Gemeinschaften ausgerichtet und zielt darauf ab, die Gesundheit durch Beratung, Prävention und Koordination zu verbessern. Zu ihren Hauptaufgaben zählen:
- Gesundheitsprävention und -förderung: CHNs leisten Aufklärungsarbeit über gesunde Lebensstile, Ernährung und Bewegungsförderung und unterstützen bei der Umsetzung präventiver Maßnahmen.
- Chronische Erkrankungen managen: Sie begleiten Patient:innen mit chronischen Krankheiten, um deren Gesundheitszustand zu stabilisieren und Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.
- Soziale Unterstützung: CHNs helfen bei der Vermittlung von sozialen Dienstleistungen, wie etwa Pflegehilfen, und arbeiten eng mit anderen Gesundheits- und Sozialdienstleistern zusammen.
- Gesundheitsüberwachung: Sie beobachten gesundheitliche Trends in der Bevölkerung und identifizieren Risikogruppen, um gezielte Maßnahmen zu ergreifen.
Die Bedeutung der Community Health Nurse
Die Stärkung der Rolle der Community Health Nurse hat nicht nur individuelle Vorteile, sondern wirkt sich auch positiv auf das gesamte Gesundheitssystem aus. Durch ihre Tätigkeit im präventiven und ambulanten Bereich können kostenintensive Krankenhausaufenthalte reduziert und die Effizienz des Gesundheitssystems gesteigert werden. Besonders in ländlichen Gebieten, wo der Zugang zu medizinischen Leistungen oft eingeschränkt ist, kann die CHN eine unverzichtbare Ressource darstellen.
Ausbildung und Qualifikationen
Die Ausbildung zur Community Health Nurse setzt fundierte Kenntnisse in der Krankenpflege voraus und baut auf einer Spezialisierung in Public Health und Community Nursing auf. In vielen Ländern wie den USA oder Kanada sind CHNs bereits fester Bestandteil des Gesundheitssystems, während diese Rolle in Deutschland erst im Aufbau ist. Initiativen wie Modellprojekte und Weiterbildungsprogramme sollen die Integration dieser Berufsgruppe vorantreiben.
Herausforderungen und Perspektiven
Trotz der vielfältigen Vorteile stehen Community Health Nurses in Deutschland vor Herausforderungen. Dazu gehören:
- Anerkennung und Finanzierung: Viele Leistungen der CHN sind nicht in den derzeitigen Abrechnungssystemen verankert, was die Finanzierung erschwert.
- Mangel an Fachkräften: Der allgemeine Fachkräftemangel im Gesundheitswesen erschwert die Rekrutierung und Ausbildung von CHNs.
- Gesetzliche Rahmenbedingungen: Die Etablierung klarer rechtlicher Grundlagen für die Arbeit der CHN ist notwendig, um ihre Rolle zu stärken. Hier müssen die folgenden Gesetzt schnell und professionell an den Start gebracht werden:
- 1. Pflegeberufegesetz
- 2. Pflegekompetenzgesetz
- 3. Leistungsrecht, damit auch Leistungen abgerechnet werden können.
Trotz dieser Hürden bieten sich vielversprechende Perspektiven. Mit einer steigenden gesellschaftlichen und politischen Anerkennung der Bedeutung von Prävention und wohnortnaher Versorgung dürften Community Health Nurses künftig eine tragende Rolle spielen. Durch die Digitalisierung ergeben sich zusätzliche Möglichkeiten, um telemedizinische Angebote und Datenanalysen für die Gesundheitsförderung zu nutzen.
Fazit
Die Community Health Nurse ist eine Antwort auf die Herausforderungen eines modernen Gesundheitssystems. Mit ihrem Fokus auf Prävention, individueller Betreuung und der Stärkung von Gemeinschaften stellt sie eine Bereicherung dar, die nicht nur zur Gesundheit der Bevölkerung, sondern auch zur Entlastung des Gesundheitssystems beiträgt. Es bleibt entscheidend, die Rahmenbedingungen für diese wichtige Berufsgruppe weiter zu verbessern, um ihr Potenzial voll auszuschöpfen.
Jedoch!
Weder die Community Health Nurse noch das Caring Community ist ein Ersatz für Familie, Eigenverantwortung und Verantwortung. Die Menschen in Deutschland überlassen zunehmend Institutionen, Pflegekräften und Ärzten die Verantwortung für Gesundheit und Pflege. Das ist ein Fehler. Damit werden wir die Herausforderungen der nächsten 5, 10 und 20 Jahren nicht meistern.
„Leben heißt zu lernen wie man fliegt.“