Du betrachtest gerade Social-Return-On-Invest

Social-Return-On-Invest

Social Return on Investment (SROI) in der Pflege: Eine Investition in gesellschaftlichen Mehrwert

Der Begriff „Social Return on Investment“ (SROI) hat sich in den letzten Jahren als ein wichtiges Konzept etabliert, um den gesellschaftlichen Mehrwert von sozialen, gemeinnützigen oder pflegerischen Projekten zu bewerten. In der Pflege, einem Bereich von entscheidender gesellschaftlicher Bedeutung, bietet die Anwendung des SROI-Ansatzes wertvolle Einblicke in die nachhaltigen Vorteile von Investitionen – über rein monetäre Aspekte hinaus. Dieser Blogbeitrag beleuchtet die Grundlagen, Methoden und den Nutzen von SROI in der Pflege sowie Herausforderungen und Best-Practice-Beispiele.

Was ist der SROI?

Der SROI ist eine Bewertungsmethode, die versucht, die sozialen, ökologischen und ökonomischen Auswirkungen einer Investition in messbare Werte zu übersetzen. Im Gegensatz zu rein finanziellen Renditen, die in der klassischen Betriebswirtschaftslehre dominieren, berücksichtigt der SROI auch immaterielle Werte wie Lebensqualität, soziale Teilhabe oder verbesserte Gesundheitszustände. Diese Methode ist besonders relevant in der Pflege, da hier der Fokus auf menschlicher Fürsorge und Wohlbefinden liegt – Aspekte, die nicht unmittelbar in Euro und Cent ausgedrückt werden können.

Es zählt nicht nur der Mammon

Das Ziel des SROI ist es, einen ganzheitlichen Blick auf den Nutzen von Pflegeleistungen zu werfen. Hierbei wird ein Verhältnis ermittelt, das angibt, wie viel gesellschaftlicher Mehrwert pro investiertem Euro geschaffen wird. Ein SROI von 3:1 bedeutet beispielsweise, dass jeder investierte Euro drei Euro an gesellschaftlichem Nutzen erzeugt.

Warum ist der SROI in der Pflege relevant?

Die Pflegebranche steht vor enormen Herausforderungen: der demografische Wandel, zunehmende Pflegebedürftigkeit und ein eklatanter Fachkräftemangel. Zugleich wächst das Bewusstsein für die Bedeutung qualitativ hochwertiger Pflege, die nicht nur die körperlichen Bedürfnisse, sondern auch das emotionale und soziale Wohlbefinden der Menschen berücksichtigt.

Die Relevanz des SROI in der Pflege ergibt sich aus mehreren Gründen:

  1. Gesellschaftlicher Mehrwert sichtbar machen: Pflegeprojekte schaffen oft signifikante soziale Vorteile, die auf den ersten Blick unsichtbar bleiben. Zum Beispiel kann eine Investition in präventive Pflegeprogramme nicht nur die Lebensqualität steigern, sondern auch langfristig Kosten für Krankenhäuser oder stationäre Einrichtungen senken.
  2. Angehörige können ein Stück weit ein selbstbestimmtes Leben führen. Urlaub, Freizeit, Konzerte, Normalität und Beruf bleiben möglich.
  3. Entscheidungsgrundlage für Investitionen: Pflegeeinrichtungen, Politik und gemeinnützige Organisationen können durch die SROI-Analyse besser abschätzen, welche Projekte den größten gesellschaftlichen Nutzen bringen und Ressourcen entsprechend priorisieren.
  4. Stärkung der Wertschätzung: Pflegearbeit wird oft unterbewertet, da ihre Wirkung schwer zu messen ist. Der SROI trägt dazu bei, die immateriellen Werte dieser Arbeit zu quantifizieren und die Bedeutung der Pflege in der Gesellschaft hervorzuheben.

Methodik des SROI in der Pflege

Die Berechnung des SROI erfolgt in mehreren Schritten. Diese Methodik kann auf Pflegeprojekte unterschiedlicher Art angewendet werden, etwa in ambulanten Pflegediensten, stationären Einrichtungen oder innovativen Pflegeprojekten.

1. Festlegung der Ziele und Stakeholder

Zunächst werden die Ziele des Pflegeprojekts definiert. Gleichzeitig identifiziert man die relevanten Stakeholder, also alle, die direkt oder indirekt von der Maßnahme profitieren. In der Pflege könnten dies Pflegebedürftige, Angehörige, Pflegekräfte, Gesundheitssysteme oder sogar die Gemeinschaft im weiteren Sinne sein aber auch Investoren sind hier nicht zu vergessen.

2. Identifikation und Messung der Inputs

Inputs umfassen die Ressourcen, die in das Projekt investiert werden, wie Zeit, Geld oder Sachmittel. Zum Beispiel könnte es sich um die Finanzierung eines Schulungsprogramms für Pflegekräfte oder die Einführung digitaler Technologien in der Pflege handeln. Hier muss aus der halbherzig Symbolpolitik endlich eine echte Investition in die digitale Zukunft der Pflege getätigt werden.

Mehr zur Digitalisierung in der Pflege hier:

3. Erfassung der Outcomes

Outcomes sind die positiven Veränderungen, die das Projekt bewirkt. In der Pflege könnten dies verbesserte Gesundheit, gesteigertes Wohlbefinden, reduzierte Einsamkeit oder erhöhte Arbeitszufriedenheit der Pflegekräfte sein. Und machen wir uns nichts vor, der ROI wird sich in Zukunft überwiegend über das „S“ für Sozial definieren.

4. Monetarisierung der Ergebnisse

Um den SROI zu berechnen, müssen die sozialen und ökologischen Outcomes in monetäre Werte übersetzt werden. Dies geschieht mithilfe von Schätzungen, Studien oder Marktwerten. Beispielsweise könnte eine reduzierte Krankenhauseinweisungsrate als Einsparung im Gesundheitssystem bewertet werden.

5. Berechnung des SROI

Der SROI ergibt sich aus dem Verhältnis von generierten Werten (Outcomes) zu den eingesetzten Ressourcen (Inputs).

Beispiel: Anwendung des SROI in einem Pflegeprojekt

Ein fiktives Beispiel verdeutlicht die Anwendung des SROI: Ein Pflegeheim führt ein Präventionsprogramm ein, das sich auf Bewegungstherapie und soziale Aktivitäten konzentriert. Ziel ist es, die Mobilität und das Wohlbefinden der Bewohner zu steigern.

  • Input: Investition von 50.000 Euro in Personal, Material und Organisation.
  • Outcomes: Reduktion von Stürzen (weniger Krankenhausaufenthalte), Verbesserung der Lebensqualität (Zufriedenheitsumfragen), erhöhte Zufriedenheit der Angehörigen (Feedback). Vor allem jedoch die Senkung der Ausfallzeiten der Mitarbeiter!
  • Monetarisierung: Einsparungen durch weniger Krankenhausaufenthalte (20.000 Euro), monetärer Wert der verbesserten Lebensqualität (50.000 Euro), gesellschaftlicher Wert der Angehörigenzufriedenheit (30.000 Euro).

Der errechnete SROI könnte in diesem Beispiel 2:1 betragen – für jeden investierten Euro werden zwei Euro an gesellschaftlichem Nutzen geschaffen. Es muss nur so gesehen werden.

Ein weiteres Beispiel liegt in den gesellschaftlichen Auswirkungen fitter und motivierter Mitarbeiter,  die deutlich weniger krank sind und damit den Aufgaben als Branche besser gewachsen sind. Die Aufgabe liegt in der Abdeckung von Pflege in unserem Land, mit zu wenigen Mitarbeitern und zu vielen Pflegebedürftigen.

Herausforderungen bei der Anwendung des SROI in der Pflege

Trotz seiner Vorteile steht die SROI-Analyse vor einigen Herausforderungen:

  1. Schwierigkeit der Datenerhebung: Pflegeprojekte erzeugen oft immaterielle Werte, die schwer zu messen und zu quantifizieren sind.
  2. Subjektivität der Bewertung: Die Monetarisierung sozialer Werte wie Lebensqualität oder Zufriedenheit kann subjektiv und abhängig von den angewandten Methoden sein.
  3. Ressourcenintensive Analyse: Eine fundierte SROI-Bewertung erfordert Zeit, Know-how und finanzielle Mittel, was gerade für kleinere Organisationen eine Hürde darstellen kann.

Best-Practice-Beispiele aus der Pflege

Einige Organisationen und Projekte haben den SROI bereits erfolgreich genutzt:

  • Community-basierte Pflegeinitiativen: In einigen Ländern wurden mobile Pflegedienste analysiert, die durch präventive Maßnahmen Krankenhauskosten reduziert haben.
  • Schulungen für Pflegekräfte: Programme zur Stressbewältigung und Burnout-Prävention in der Pflege zeigten eine erhöhte Arbeitszufriedenheit und eine Senkung der Fluktuationskosten.

Fazit: SROI als Zukunftsmodell für die Pflege

Der Social Return on Investment ist ein mächtiges Instrument, um die tatsächliche Wirkung von Pflegeprojekten sichtbar zu machen und damit ihre Bedeutung zu unterstreichen. Insbesondere in einer Zeit, in der die Pflegebranche unter immensem Druck steht, bietet der SROI eine Möglichkeit, die immensen sozialen und wirtschaftlichen Vorteile von Investitionen in die Pflege zu verdeutlichen.

Langfristig könnte die breite Anwendung des SROI dazu beitragen, eine neue Perspektive auf Pflegearbeit zu schaffen, die nicht nur die Kosten, sondern vor allem den gesellschaftlichen Wert dieser unverzichtbaren Dienstleistung anerkennt.

Schreibe einen Kommentar