Verhandlungsgeschick & Kostensenkung: Die Geheimwaffen der Sozialwirtschaft
Willkommen zurück zu unserer kleinen Serie, in der wir zeigen, wie man Unternehmen – insbesondere in der Sozialwirtschaft aus der finanziellen Dauerkrise holt. Heute wird’s richtig spannend: Wir widmen uns zwei Disziplinen, die oft unterschätzt werden, aber echte Gamechanger sein können, Verhandlungsgeschick und gezielte Kostensenkung.
Wer jetzt denkt: „Verhandeln? Wir sind doch kein börsennotiertes Unternehmen!“, dem sei gesagt: Gerade in der Sozialwirtschaft ist smartes Verhandeln und schlaues Sparen keine Kür, sondern überlebenswichtig. Also: Ärmel hochkrempeln, Kaffee bereitstellen – los geht’s!
1. Verhandeln? Ja, bitte aber mit Herz und Hirn!
In der Sozialwirtschaft ist Verhandlung oft ein sensibler Tanz auf dem Drahtseil. Einerseits wollen (und müssen!) wir fair und menschlich bleiben, andererseits geht’s zunehmend ums nackte Überleben. Und genau da liegt die Kunst: Wer es schafft, auf Augenhöhe zu verhandeln und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit im Blick zu behalten, hat schon halb gewonnen. Zu verhandeln gibt es dabei mehr als genug. Pflegesatzverhandlungen mit den Kostenträgern, Jahr für Jahr. Preisverhandlungen mit sämtlichen Lieferanten und und und…
Beispiel gefällig?
Ein Träger betreibt mehrere Pflegeeinrichtungen, kämpft mit steigenden Energiekosten und Tariflöhnen. Statt stillschweigend alles zu schlucken, wird aktiv das Gespräch mit dem kommunalen Versorger gesucht, Ergebnis: Ein Sondertarif für soziale Einrichtungen, rückwirkend für zwölf Monate. Das spart nicht nur Kosten, sondern stärkt die Beziehung. Oder eben der konsequente Wechsel hin zu modernen Energiebeschaffungssystemen über spezialisierte Agenturen. Hier wird der Energiepreis flexibel am Spotmarkt eingekauft und so über das Jahr hinweg ein erhebliches Einsparpotential generiert.
So geht’s richtig:
- Kenne deine Zahlen! Wer ohne Zahlen in eine Verhandlung geht, kann’s gleich lassen. Was kostet dich was? Welche Positionen sind verhandelbar? Vorbereitung ist alles. Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg!
- Win-Win statt Hardliner-Gehabe: Gerade in der Sozialwirtschaft geht es oft darum, gemeinsame Lösungen zu finden. Bring Vorschläge mit, die auch dem Gegenüber Vorteile bringen, etwa längere Zahlungsziele gegen Weiterempfehlung oder Kooperationen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.
- Nicht nur Geld, auch Leistung verhandeln: Vielleicht lässt sich ein Dienstleister nicht im Preis drücken, aber vielleicht im Leistungsumfang? Oder im Service-Level?
- Drittmittel und Fördergeber? Auch verhandelbar! Förderzusagen, Fristen, Projektvolumen, vieles ist verhandelbar, wenn die Sache gut kommuniziert wird. Gerade kleinere Stiftungen oder Kommunen sind oft offener, als man denkt. Gerade über Fördermittel lassen sich eben auch Sanierungsberatungen oft teilfinanzieren.
2. Die Königsdisziplin: Kosten senken, ohne Qualität zu opfern
Jetzt wird’s heikel, denn ja, sparen kann jeder. Aber ohne Plan wird aus Sparen ganz schnell Kahlschlag. Und das ist in der Sozialwirtschaft tödlich, sowohl für die Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, als auch für die Mitarbeitenden, die sowieso schon am Limit laufen.
Aber keine Sorge, es geht auch anders: intelligent, nachhaltig und mit Fingerspitzengefühl.
Kostensenken à la Sozialwirtschaft, so geht’s clever:
a) Prozesse unter die Lupe nehmen
Viele Einrichtungen laufen seit Jahren im „Das haben wir immer so gemacht“-Modus. Zeit für einen ehrlichen Check:
- Müssen alle Prozesse noch so sein?
- Wo gibt es Doppelarbeiten?
- Was lässt sich digitalisieren (ja, auch in der Pflege möglich!)?
b) Einkaufskooperationen nutzen
Warum allein verhandeln, wenn man als Teil einer Einkaufsgemeinschaft ganz andere Preise erzielen kann? Ob Lebensmittel, Hygieneprodukte oder Büromaterial, gemeinsamer Einkauf spart bares Geld.
c) Energie- und Gebäudekosten aktiv managen
Alte Heizsysteme, offene Fenster im Winter, ineffiziente Beleuchtung, das geht besser. Energieberatung kann hier Wunder wirken, und oft gibt’s sogar Fördermittel für Sanierungen. Zum Energiekostenmanagement habe ich bereits oben etwas geschrieben.
d) Personalressourcen effizienter einsetzen
Nein, das heißt nicht „weniger Personal“, sondern „besser organisiert“. Flexible Dienstpläne, klare Aufgabenverteilungen, gezielte Fortbildung – all das erhöht die Effizienz, ohne an der Qualität zu kratzen. Die Möglichkeiten von PeBeM (§113c SGB XI) konsequent nutzen und umsetzen.
e) Outsourcing mit Maß und Ziel
Nicht jede Aufgabe muss intern gelöst werden. IT, Reinigung, Buchhaltung – hier lohnt sich der Blick auf externe Anbieter. Aber Vorsicht: Qualität und Ihre Bedürfnisse müssen dabei weiter im Fokus bleiben. Gerade die Lohnbuchhaltung wird zunehmend von externen Anbietern professionell übernommen und ja, die können das sehr gut, weil hochspezialisiert.
3. Change beginnt im Kopf und in der Chefetage
Eine kleine Wahrheit am Rande: Der Wille zur Veränderung ist oft das größte Hindernis. Gerade in der Sozialwirtschaft, wo Strukturen oft gewachsen und festgefahren sind. Aber: Wer nicht handelt, wird behandelt und zwar vom Insolvenzgericht.
Deshalb gilt: Führungskräfte müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Offene Kommunikation, Einbindung der Mitarbeitenden, klare Entscheidungen. Nicht jeder Sparkurs muss „von oben herab“ kommen, oft haben die Teams selbst die besten Ideen. Jedoch der Grundsatz steht, Sanierungs- und Restrukturierungsprozesse müssen immer Top-down statt finden. Ohne den Willen und den Rückenhalt des Vorstandes und der Geschäftsführung, bringt es nix.
Fazit: Clever verhandeln, smart sparen, das Überleben sichern
Wer glaubt, dass Verhandlungsgeschick und Kostenkontrolle nur etwas für die freie Wirtschaft sind, irrt gewaltig. Gerade in der Sozialwirtschaft sind diese Werkzeuge entscheidend, um auch unter schwierigen Bedingungen weiter helfen zu können. Und das Schöne daran: Mit ein bisschen Kreativität, Teamspirit und Mut zur Veränderung lassen sich oft erstaunliche Dinge bewegen.
Also, wenn das Wasser bis zum Hals steht: Erst tief durchatmen, dann verhandeln, verhandeln, verhandeln. Und wo’s geht: klug sparen, ohne zu zerstören.
In Teil 4 unserer Serie widmen wir uns dann einem weiteren Schlüsselthema: „Liquidität sichern: Wie man mit kluger Planung Engpässe vermeidet.“ Stay tuned!